Unterhaltung: Wie weit geht unsere Meinungsfreiheit? Wie weit darf sie gehen? Wie weit muss sie gehen?

JohnJohn, 23. Februar 2017, um 09:28
zuletzt bearbeitet am 23. Februar 2017, um 10:13

"John,
die Aufgabe, die Du erfüllen wolltest, war, Deine Besorgnisse detailliert zu erläutern. Ich finde, das hast Du ziemlich gut hingekriegt. Dass dabei auch Details Deines Weltbildes durchscheinen ist dabei gar nicht zu verhindern. Dass diese dann Protest erzeugen ist auch kein Wunder.Ich teile Deine Besorgnis nicht. Allerdings gibt es Details in Deinen Ausführungen, die ich durchaus nachvollziehen kann.Da man über das ganze Bücher schreiben könnte (die gibts schon) hier kurz in Stichpunkten meine Sichtweise und warum sie zu anderen Schlussfolgerungen führt.

Kommentar: Einfach eine klasse Einleitung!

1. Das Christentum und der Islam sind bei näherem Hinsehen kaum zu unterscheiden. Beide enthalten grundsätzlich die Möglichkeit, völlig normale Menschen zu völlig perversen Taten zu bringen. Das Problem ist dabei nicht, an etwas zu glauben, das es höchstwahrscheinlich nicht gibt - das Problem ist vielmehr, dass man selbst oder Personen mit völlig anderen Motiven behaupten, sie wüssten, was dieses "göttliche Wesen" verlangt.

Kommentar: Zutreffend, doch stellt sich schon dabei die Frage, ob diese Behauptung und die daraus folgende Beeinflussung überhaupt wirklich durch Meinungsfreiheit gedeckt werden können. Bzw. ob es sinnvoll und richtig ist, einer solchen Möglichkeit auch noch im GG einen ausdrücklichen Freibrief zu geben. Ist als ausdrückliches Religions-Bashing zu verstehen, zu dem ich auch stehe.

2. Das Christentum ist nicht "friedlicher". Es wurde in einem jahrhundertelangen Kampf mit vielen Opfern in seine Schranken gewiesen und kommt uns deshalb relativ (obwohl da noch viel zu tun ist in Bezug auf seine Sonderrechte) friedlich und harmlos vor.

Kommentar: voll zutreffend!

3. Das Christentum hat über fast 1300 Jahre den Fortschritt und die Freiheit unterdrückt. Wissen, das schon im Altertum vorhanden war wurde fast völlig vernichtet.

Kommentar: siehe 2.

4. Genau das gleiche passierte im Islam auch. Allerdings 1000 Jahre später. Bagdad war lange Zeit das Weltzentrum von Wissenschaft, Kunst, Freidenkertum. Radikale Elemente, die sich in der Struktur des Islam durchsetzen konnten, haben diese Idylle in Grund und Boden zerschlagen - ein Schlag von dem sich die islamische Welt bis heute nicht erholt hat. Man befindet sich dort in genau dem dunklen Zeitalter, das auch hier herrschte.

Kommentar: Ebenfalls zutreffend, bedeutet aber, dass genau diese Elemente heute noch oder wieder als Bestandteil des Islams bestehen. Sie sind also sicher nicht der ganze Islam, aber auch nichts, was man als "außerhalb der islamischen Welt existierend" bezeichnen könnte.

5. Die wirtschaftliche und technische Überlegenheit der westlichen Welt hat dem weiter in die Hände gespielt. Der Islam wurde dadurch auch zu einem Mittel, sich abzugrenzen. Wie so oft im Zuge einer überhöhten "eigenen Identität", die es zu erhalten gilt.Für mich als Atheist ist Religion grundsätzlich keine Kraft, die ausser im Privatleben eine Rolle spielen sollte.Ich stimme insoweit zu, dass im Vergleich zum Zeitpunkt "jetzt" der Islam tendenziell die gefährlichere Religion ist, weil sie noch ungezähmt und noch nicht in seine Schranken gewiesen wurde.

Kommentar: zutreffend

ABER: Religion ist zwar für mich ein wichtiges Thema. Aber Menschen sind wichtiger. Ich finde, man sollte sich immer klar machen, dass sowohl bei den christlichen Religionskriegen/Verfolgungen als auch bei den Missetaten des Islam fast alle Menschen Opfer waren und sind.

Kommentar: nachvollziehbarer Gedanke

Es macht weder moralisch noch inhaltlich und erst recht nicht "taktisch" Sinn, die Menschen zu bekämpfen, wenn der wirkliche Gegner doch freiheitsfeindliche Ideen und Strukturen sind, die diese machtvoll machen.

Kommentar: Wo steckt denn der Gegner? Wo sind die Ideen und Strukturen? Nicht irgendwo in der Landschaft, sondern in den Köpfen der Menschen. Dort müssen sie bekämpft werden. Mit welchen Waffen? Wenn es geht, mit Worten.

Erst Recht gilt das für Menschen, die ganz offensichtlich und in weit überwiegender Zahl Opfer sind und deshalb zu uns kommen.

Kommentar: abrupter Übergang. Auch nicht ganz zwingend logisch. Klingt so, als würden sie als Opfer von Menschen, die freiheitsfeindliche Ideen und Strukturen verbreiten in eine heile Welt kommen, in der es diese Strukturen nicht gibt. Erscheint mir einfach als zu schwarz-weiß gedacht.

Wenn man einem beliebigen Menschen, den man kennenlernt nicht ein Minimum an Vertrauen entgegenbringen kann, sehe ich nicht wofür man überhaupt kämpfen sollte.

Kommentar: Bezüglich des einzelnen, beliebigen Menschen gebe ich dir grundsätzlich Recht. Ändert aber nichts daran, dass es eben auch ein Faktum ist, dass es auch ein einzelner, "beliebiger" Mensch ist, der das Vertrauen bitter enttäuscht hat oder enttäuschen wird. Ob man sich hier hinter Zahlen und Wahrscheinlichkeiten verschanzen soll, ist eine Frage der Verantwortung. Die politisch Verantwortlichen jedenfalls MÜSSEN sich das gut überlegen.
Persönlich hast du, habe ich, haben alle, das Recht, eben nicht nur an die Opferrolle der Menschen zu denken.

Das spätestens ist der Punkt, an dem ich Deine Sichtweise endgültig nicht mehr akzeptieren kann: Du sagst, dass selbst positive Erlebnisse en masse Dir die Angst nicht nehmen könnten.

Kommentar: Ich glaube, das mit der Angst ist erledigt, es geht um Besorgnis. Ansonsten siehe Kommentar vorher.

Das ist der Moment wo Dein Urteil über eine Religion zu einem Vorurteil gegenüber Menschen wird, die lediglich den "Fehler" gemacht haben, in dem Umfeld geboren zu sein.

Kommentar: Für sein Umfeld kann man nichts.
Bleibt nur die Frage, wie man Verantwortung dafür definiert und was man in dieser Richtung erwartet. Es gibt Umfelder, auf die ich einen großen Einfluss habe und aus denen ich auch austreten kann oder eintreten, womit ich zweifellos auch eine gewisse Identifikation mit den Zielen verbinde und es gibt Umfelder, auf die ich keinen Einfluss habe. Wäre ein eigenes Thema. Nur 2 Gesichtspunkte dazu: Ich habe keinen Einfluss darauf, dass ich Deutscher bin. Daher muss ich mich mit der Tatsache auseinandersetzen, dass ich einer "Volksgemeinschaft" angehöre, die die Schuld von Millionen Toten auf sich geladen hat? Oder muss ich das etwa nicht?

Nach allem, was ich über die Vorgänge in einer christlichen Chorknabenschule in meiner Heimatstadt gehört habe, habe ich bedauert, dass ich nicht aus der Religion, in die ich hineingetauft wurde, ausgetreten konnte. Weil ich diesen Schritt eben vorher schon längst vollzogen hat. Es wäre für mich untragbar, durch meine Mitgliedschaft in einer solchen Gemeinschaft eine Mitverantwortung für derartige Taten- wohlgemerkt zu meinen Lebzeiten, als ich an den Worten von Vertretern dieser Gemeinschaft mit Begeisterung hing - zu tragen.

Meine Sicht in die Zukunft (ohne Gewähr natürlich): In 100 Jahren werden Religionen gesellschaftlich keine nennenswerte Rolle mehr in dieser Welt spielen. Was natürlich nicht notwendigerweise bedeutet, dass sich nicht andere Gründe finden, sich die Schädel einzuschlagen.MM

Kommentar: Du mögest Recht habe, du Böser du (lt. Hage), der sich erdreistet, von einer so fernen Zukunft zu schreiben.

Gesamtfazit: Ich kann die Gemeinschaft, die hinter einem einzelnen Menschen steckt und zu der er sich bekennt, nicht ganz von ihm trennen.

Persönlich kann ich anders mit Menschen umgehen, wie es die Politiker in ihrer Verantwortung können.

Meine Besorgnis, die mir auch dein toller Beitrag nicht nehmen konnte, ist meine Privatsache und wirkt sich nicht auf mein Verhalten gegenüber Flüchtlingen aus.

Politiker haben jedoch die Pflicht gemäß der Verantwortung gegenüber ihren Wählern, dem Aspekt Besorgnis genügend Raum zu geben.

Es ist natürlich durch die Meinungsfreiheit gedeckt, gegen Verschärfungen der Asylpraxis
in Demonstrationen zu protestieren.

Es ist aber auch durch die Meinungsfreiheit gedeckt, dass ich nicht gegen Verschärfungen bin.

Wohl aber für ein abwägendes MM.

Ex-Stubenhocker #199061, 23. Februar 2017, um 09:33

Sie ist schon ein hohes Gut bei uns!
Wenn ich da beispielsweise an die Türkei im Moment denke,haben wir es dahingehend so richtig gut getroffen!

Ex-Stubenhocker #149419, 23. Februar 2017, um 09:41

Hm, das stimmt. Doch fragt sich wie es dazu kommen konnte. Eine große Anzahl der in Deutschland lebenden Türken ist definitiv pro Erdogan eingestellt. In der Türkei selbst erfreut er sich auch noch großer Beliebtheit, auch wenn der Widerstand zunimmt. Wie hat er das geschafft? Durch, vorsichtig gesagt, Polarisierung.

Ex-Stubenhocker #199061, 23. Februar 2017, um 09:45

Putin agiert ähnlich! Die Russen mochten schon immer solche Führer,obwohl es vielen von denen schlecht geht.

Ex-Stubenhocker #149419, 23. Februar 2017, um 09:54

Ja, kann man so sagen. wobei Putin noch ein anderer Fall ist. Wenn der nicht im Amt sterben sollte, an Altersschwäche oder sonstwas, wird er in einem sibirischen Knast verrecken und das weiss er.

Aber wenn du soweit bist, denke nochmal über meinen Spruch mir der Opferrolle nach? Beide geben ihrem Volk ein klares Feindbild. In beide Fällen ist es auch die EU. würdest Du Dich nicht auch gegen Deinen Feind wehren und dem folgen der Dir da Erfolg verspricht?

Klammern wir mal aus, das du dieses Feindbild vielleicht nicht annehmen würdest.

Ex-Stubenhocker #199061, 23. Februar 2017, um 10:02

Mit Feindbildern habe ich es nicht so.
Soweit es möglich ist,würde ich mich über verschiedene Quellen informieren. Das ist aber wohl sehr schwierig in genannten Ländern! Wir wissen ja,wer dort größtenteils alles lenkt. Wenn einem immer wieder das gleiche eingetrichtert wird,ohne das prüfen zu können,entsteht natürlich auch ein Feindbild. Viele Menschen dort kennen das nicht anders!

Ex-Stubenhocker #149419, 23. Februar 2017, um 10:12

Ja, ist so.
Wirtschaftliche Situation( im Vergleich nach oben selbstverständlich) + Bildungssituation( nicht -stand) gepaart mit dem verantwortungslosen Machtstreben einer oder mehrerer Personen....

JohnJohn, 23. Februar 2017, um 10:15

Thunderstorm, das war einfach meine angekündigte Antwort. Auf einen, wie erwähnt, ausgezeichneten Beitrag.

Ex-Stubenhocker #149419, 23. Februar 2017, um 10:19
zuletzt bearbeitet am 23. Februar 2017, um 10:20

Und was die Quellen betrifft: Jede Quelle verfolgt auch immer ihre eigenen Ziele. somit ist keine Quelle absolut vertrauenswürdig. Was dazu führt, dass jeder Mensch die Vertrauenswürdigkeit einer Quelle nach dem Maßstab seiner eigenen Meinung bewertet.

Darum bin ich PRO GEZ. Allerdings Kontra der Verwendung des Geldes, der Gebührenhöhe und der Tatsache, das es Intendanten der öffentlich rechtlichen nicht untersagt Mitglied einer Partei zu sein.

Ex-Stubenhocker #195270, 23. Februar 2017, um 10:35

Das ist ja nun wirklich gaga. Gerade der Umstand der Parteizugehörigkeit führt doch zu einer Selbstdisziplinierung, da in der Öffentlichkeit hinterfragt wird, ob die Entscheidungen der Intendanten frei von Parteiinteressen getroffen wurden.
Ein Intendant, der sein Amt dazu ausnutzt, sachwidrig politische Interessen zu verfolgen, wird daher im eigenen Interesse auf eine Parteimitgliedschaft verzichten.

Und falsch ist auch, dass Quellen immer ihre eigenen Ziele verfolgen. Eine Quelle ist eine Quelle ist eine Quelle.

Ex-Stubenhocker #149419, 23. Februar 2017, um 10:53

Natürlich Pale, du hast selbstverständlich Recht.
Ein Blatt im Wind ist ein Blatt im Wind ist ein Blatt im Wind.

JohnJohn, 23. Februar 2017, um 12:20

Richtig, Halley, wir haben es mit der Meinungsfreiheit wirklich gut getroffen.
Wobei ich das = zwischen Meinungsfreiheit und Demokratie (wirklicher) für bedeutend halte.

Wie schnell aus einer Demokratie eine Pseudo-, bzw. nochnamens-Demokratie werden kann, sieht man ja in größeren Staaten rings um uns, im Osten, Südosten und Westen.

Wie gefährdet demokratische Grundsätze durch rechte Politiker in europäischen Staaten sein mögen, kann man sich jeder selbst ausmalen.

Bei uns ist natürlich - scheinbar - leichter.
Jetzt!

Ich kann mich an Zeiten erinnern, da gab es eine richtige Gesinnungsschnüffelei gegen Restnazigedanken. Man nannte sie Entnazifizierung. Nur damit kein Missverständnis entsteht: Ich halte diese Entnazifizierung in der damaligen Nachkriegszeit für absolut notwendig und richtig, was nichts daran ändert, dass es eine Gesinnungsschnüffelei war.
Dann kam die gleiche Schnüffelei gegen Linke.

Wohlgemerkt, es ging dabei weniger oder gar nicht darum, WAS jemand genau äußerte, sondern es ging darum, ob man ihm generell Staatsfeindlichkeit unterstellen konnte und ob die betreffende Äußerung vielleicht für diese Unterstellung hilfreich sein könnte oder als Indiz gewertet werden konnte.

Wen interessierte dabei schon der Terminus MEINUNGSFREIHEIT? Hauptsache, man fährt auf dem richtigen Gleis, auf dem steht: So hat Demokratie zu sein, so hat ein Demokrat zu denken.

Ob sich jemand selbst als guten Demokraten bezeichnet oder nicht, das muss er mit sich selbst ausmachen. Wenn er dabei vergisst, zu erforschen, wie er es mit dem Thema Meinungsfreiheit hält - auch damit, wie eng oder weit dabei Grenzen zu stecken sind -
dann ist seine Selbsteinschätzung aber keinen Pfifferling wert.

Das war hoffentlich allgemein genug gehalten, Thunderstorm!

Bernadette, 23. Februar 2017, um 13:42

Gaga

"Natürlich Pale, du hast selbstverständlich Recht.
Ein Blatt im Wind ist ein Blatt im Wind ist ein Blatt im Wind."

Wie lustig, dass ausgerechnet DU das schreiben magst. Eieiei.

Oder lese ich hier etwa eine schonungslose Eigenanalyse?

Ex-Stubenhocker #195270, 23. Februar 2017, um 14:04
zuletzt bearbeitet am 23. Februar 2017, um 14:04

Entnazifizierung als Gesinnungsschnüffelei zu verstehen:
Dazu fällt mir viel ein, ich mache aber lieber von meinem Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit, das auch das Recht zu schweigen umfasst, Gebrauch, um nicht die Grenzen des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung ausloten zu müssen.

Ex-Stubenhocker #149419, 23. Februar 2017, um 14:06

Tja Börnie, wie mans nimmt. ein Blatt im Wind ist frei und egal wie man es wendet, es ist im Recht. 😄

Bei manch anderem hier würde ich beim Passus "im Wind" eher auf das Wort " Fähnchen" kommen. 😄

JohnJohn, 23. Februar 2017, um 14:23

PaleRider, kannst du eigentlich einmal ein Wort als "wertfrei" nehmen? Ich habe doch eigens für dich und andere noch die Schleife eingebaut. Man hat nach der Gesinnung der Leute gesucht, von mir aus kannst du ja auch das Wort "Gesinnungsprüfung" nehmen, wenn dir das lieber ist. Einfach nur furchtbar!

Und was ich eigentlich sagen wollte und was du mit deinem Einwand klassisch bestätigt hat, ist: Hier im Forum wurde und wird seit Jahren Gesinnungsschnüffelei betrieben. Unter dem Deckmantel einer DURCHAUS NICHT UNANGEBRACHTEN Entnazifizierung.

Und nun schweige ich und denke über Gesinnungen nach. Würde dir auch nichts schaden.

Bernadette, 23. Februar 2017, um 14:31

"Gesinnungsschnüffelei" im Forum?

Hm, auch ganz ohne Spürnase ist die "Gesinnung" des einen oder anderen deutlich erkennbar.

Ex-Stubenhocker #149419, 23. Februar 2017, um 14:33

Hm John "DURCHAUS NICHT UNANGEBRACHTEN Entnazifizierung"

Kann man nicht widersprechen. Wenn man überlegt wie son paar Altnazis die Fehler der Regierung gekonnt für sich ausnutzen.
Aber welche Gesinnung haben Pale und Konsorten? Dafür muss man erst noch ein Wort erfinden. Und dann kann man anfangen mit Ent....
Wobei bei denen die vorhergehende Gesinnungsschnüffelei entfiele, das ist einfach nicht zu übersehen... 😄

Ex-Stubenhocker #149419, 23. Februar 2017, um 14:59

Na Johnny, ich denke die Akustik ist da auch nicht zu vergessen.
Allerdings bist Du einem Lesefehler aufgesessen.
Es geht hier zwar auch um den aufrechten Gang, aber dann doch anders. 😄

Ex-Stubenhocker #195270, 23. Februar 2017, um 15:16
zuletzt bearbeitet am 23. Februar 2017, um 15:18

Das Wort "Gesinnungsschnüffelei" ist für Dich also ein wertfreier Begriff, JuH. Diese Einschätzung teile ich überhaupt nicht.

Der Ausspruch "Sire, geben Sie Gedankenfreiheit" aus Don Carlos von Schiller wird Dir ein Begriff sein. Die Gedanken sind frei und wer auch immer darin herumschnüffelt tastet die Würde des Menschen an. Es drängt sich doch jedem auf, dass der Begriff der "Gesinnungsschnüffelei" in höchstem Maße negativ besetzt ist.

Und es ist auch in sachlicher Hinsicht unzutreffend, in diesem Kontext von Schnüffelei zu sprechen. Das Wort "Gesinnungsprüfung" ist ebenfalls unangebracht.
Im Kern ging es den Allierten darum, Deutschland, das zunächst noch unter Besatzungsstatut stand, eines Tages guten Gewissens die Souveränitat wiedergeben zu können. Das dritte Reich sollte sich im Interesse aller nie wiederholen. Und weil sich die Masse der Deutschen nun gerade nicht als Widerstandskämpfer hervortat, war es vor diesem Hintergrund doch geradezu geboten, sich in Form eines Fragebogens Einblick über den Werdegang der Betroffenen im dritten Reich zu verschaffen. Es ging schlichtweg um die Frage, welche Menschen mit welcher Vergangenheit an dem Aufbau demokratischer Strukturen in Deutschland maßgeblich beteiligt werden konnten. Und für eine funktionierende Demokratie ist es unerlässlich, wenn die Meinungsfreiheit umfassend gewährleistet ist. Die Entnazifizierung diente also gerade der Sicherung von Meinungsfreiheit und verfolgte nicht das Ziel, Gesinnungen Einzelner zu "erschnüffeln".

Entgegen Deiner Behauptung wird hier im Forum auch nicht seit Jahren Gesinnungsschnüffelei betrieben. Ganz im Gegenteil: Hier herrschen transparente Strukturen und ein jeder weiß, woran er ist. Wer im öffentlichen Forum schreibt, entäußert sich ohne Zwang, muss es sich dann aber auch gefallen lassen, wenn er an seinen Worten gemessen wird. Und gerade Dir als Lehrer sollte bewusst sein, welche Wirkung Worte entfalten. Man stelle sich nur vor, wenn sich ein Politiker hinstellt und die Entnazifizierung als Gesinnungsschnüffelei bezeichnen würde. Auf diese Idee würde wohl selbst ein Höcke nicht kommen.

Ex-Stubenhocker #149419, 23. Februar 2017, um 15:28
zuletzt bearbeitet am 23. Februar 2017, um 15:34

Wie hiess der olle Richter vom Volksgerichtshof noch? Ich glaube der war dann doch noch lange im Dienst.Wenn es also so einseitig und falsch gemacht wird, wenn eine Demokratie auf ein Fundament aus Lug und Trug gestellt wird. Naja, kann man dann schon so benennen.

Und wenn nun Menschen hier ständig Gesinnungen untergejubelt werden die nicht vorhanden sind, naja es trifft nicht ganz den kern des Wortes, aber egal past scho

Ex-Stubenhocker #195270, 23. Februar 2017, um 16:13

Es handlt sich um den Richter Rehse, der Beisitzer von Freisler war. Rehse wurde Ende der 60er vom Kammergericht Berlin frei gesprochen mit der Begründung, was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein.
Wen das thematisch interessiert, dem empfehle ich das Buch "Mein Jahr als Mörder" von F.C. Delius.

Ex-Stubenhocker #195270, 23. Februar 2017, um 16:23

... mittlerweile hat sich die Rechtsprechung geändert und seitdem werden Greise, die so genannten Schreibtischtäter, abgeurteilt.
Die Richter mit NS Vergangenheit trifft es nicht mehr - die haben ohnehin bereits ihr natürliches Ende gefunden.

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