Skat-Strategien: Ist taktisches Zögern legitim, aber auch immer sinnvoll?

JohnJohn, 26. November 2022, um 12:08

Kürzlich eine interessante Diskussion am Spielabend mit einem der höherklassigen Mannschaft.

MH spielt Grand Hand. VH, der Spitzenspieler, spielt Karo 10. MH sticht mit HerzBuben, ich gebe Karo Lusche (1 von 2) zu. MH spielt nun PikBuben. Ich führe Kreuz- und Karobuben. Selbstverständlich steche ich, um meine 2. Piklusche dem Partner zu übergeben. Was geschieht? Er schmiert Karo Ass.
Am Ende hat es dann nicht gereicht für uns. Und auf meine Frage, was denn falsch gelaufen wäre, kam sinngemäß. Ich hätte durch ein Zögern vor deer Stichübernahme mit KreuzBuben signalisiern müssen, dass ich noch den anderen Buben habe.

Ist ja irgendwie einleuchtend, aber ist es der richtige Weg, so zu spielen? Muss, soll man Entscheidungen danach treffen, ob der Partner zögert oder nicht?

Betty_Boo, 26. November 2022, um 12:11
zuletzt bearbeitet am 26. November 2022, um 12:12

... 2 x Husten fällt als Raucher nicht so auf 😈

Kartenvernichter, 26. November 2022, um 12:15

Das sind die kleinen, taktischen Feinheiten, die einem 0815 Spieler meist weder auffallen noch bewusst sind.
2x Husten würde ich allerdings schon wieder kritisch sehen

Cabeza_Doble, 26. November 2022, um 12:17
zuletzt bearbeitet am 26. November 2022, um 12:21

Beim Doppelkopf hat sich das Zögern ja total durchgesetzt, ist inzwischen absolut üblich und komplett in jede Spieltaktik integriert.
Ich wundere mich eigentlich schon seit Langem, dass sich die Zögertaktiken beim Skat noch nicht so etabliert haben. Mag daran liegen, dass Skat variantenreicher ist.

Blackbube, 26. November 2022, um 12:18

beim Real-Skat wie auch bei jedem anderen Kartenspiel sind natürlich nonverbale Hinweise durchaus die Regel

JohnJohn, 26. November 2022, um 12:49

soweit klar, allerdings finde ich es auch strategisch nicht sinnvoll, von einem Nichtspitzenspieler zu erwarten, dass er in einer Situation zögert, bei der es nichts zu zögern gibt; oder würde es auch nur den geringsten Sinn machen, mit Karo Buben drunterzubleiben?

SkatHelfer, 26. November 2022, um 12:51

Endlich mal eine interessante Diskussionsrunde!
Ein Spieler sendet während eines Spiels sehr viele Signale aus. Man sollte diese nicht ignorieren, sondern aktiv in seine Spieltaktik einbeziehen. Wirkt der Alleinspieler während des Spiels ungewohnt konzentriert, kann das ebenfalls auf ein schwaches Spiel hindeuten.
Es gibt natürlich noch viele weitere Signale,
die in der Regel sehr viel dezenter und nicht so leicht zu interpretieren sind. Oftmals erkennt man erst viele Spiele später, wie so ein Signal zu deuten ist.
Und oftmals kommt man zu dem Ergebnis,
dass ein vermeintliches Signal überhaupt nichts bedeutet.
Beim Online-Skat sind die Möglichkeiten, die Gesten zu lesen oder selbst auszusenden, stark eingeschränkt.
Hat ein Spieler als Beispiel bei 20 gezögert oder war seine Verbindung einfach nur schlecht? Dennoch funktioniert auch hier der Trick mit der falschen Verzögerung ganz gut, zumindest dann, wenn vorher das Spiel sehr zügig verlief.

Ramare, 26. November 2022, um 13:04

JohnJohn:
völlig legitim das Zögern. Und macht auch großen Sinn. Den kreuz Bauer sofort und schnell zu legen sagt dem Partner doch nur, dass du auch nur Kreuz Bauer hast.
Das Zögern signalisiert ihm aber, dass du Alternativen zu Kreuz Bauer hast. Somit hätte er dann auch nicht Karo Ass geschmiert.
Und wenn man solche Tipps künftig berücksichtigt, wird das eigene Spielniveau automatisch besser.

Ramare, 26. November 2022, um 13:09

Mal eine Regel von früher, bei der ich nicht weiß, ob diese heute noch gültig ist.
Eine Karte wird gespielt, der Nächste (nicht der Alleinspieler) berührt eine Karte, dann musste diese auch gelegt werden. Warum war das so?
Weil er, nimmt er dann eine andere Karte, dem Partner verdeutlicht, dass hier für ihn Alternativen bestehen. Und das ist/war Kartenverrat. Ich meine aber, dass es diese Regel nicht mehr gibt.

LieberTeufel40, 26. November 2022, um 13:49

Das gibt es noch. Punkt 4.2.7 und 4.2.9

VETTELmitmTURBO, 26. November 2022, um 13:59

Kurzes Zögern, egal ob unabsichtlich oder auch mal vorsätzlich, gehört sicherlich dazu u macht auch oftmals Sinn!! In der Ausgangsituation allerdings kann ich beim besten Willen nicht diese Sinnhaftigkeit erkennen... wie johnjohn schon zurecht fragte: selbst wenn man Alternativen hat, MUSS ja hier immer der Alte gelegt werden... der Partner sollte sich lieber an den realen, validen Dingen orientieren, die er vor eigenen Augen sieht statt irgendwas hineinzuintepretieren, was an der Stelle nicht funktioniert..

anders hingegen bei sowas:
-AS kommt mitner 3fachen 10 in der Beikarte an..
-der erste Gegenspieler überlegt nun bei ass dame lu ob er mitnimmt oder weglässt, um 2 Ladungen mitnehmen zu können + Bild, statt nur die scharfe 10...
- nun legt der 2. Gegenspieler seine blanke lu dazu und weiß, dass er in dieser Farbe wohl noch was gehen könnte... ergo hält er seine beiden Restvollen für genau diese Farbe zurück und sucht nun dank des Zögerns seines Partners einen "sicheren" Einschub statt noch eines der beiden siegeswichtigen Vollen zu opfern...

von der Regel, dass man nur die erst angefasste Karte spielen darf, weiß ich leider auch nichts genaues...
würde aber beides Sinn machen für mich... also sowohl dass man diese Möglichkeit "offensichtliche" Alternativen zu kommunizieren unterbindet, als auch dass man diesen Passus abgeschafft hat, weil ich mir vorstellen kann, dass das schwer zu ahnden ist.. was wenn man mitm Fleischfinger 3 Karten gleichzeitig berührt?🙈🙉😈

kenne aber, dass wenn 2 Karten zu sehen waren, dann auch die 1. gespielt werden muss..

Grüße

Ramare, 26. November 2022, um 14:12

Vettel:
du überraschst mich, wenn du sagst, es macht beim Beispiel von JohnJohn keinen Sinn zu zögern!! Es macht sogar soviel Sinn, dass es spielentscheidend ist. Das Zögern bedeutet doch absolut nicht, dass JohnJohn drüber nachdenkt, den Karo Bauer zu legen. Sondern es signalisiert dem Partner, dass er auch den letzten Bauern hat. Einen besseren Hinweis für den Partner gibt es doch gar nicht mehr.

VETTELmitmTURBO, 26. November 2022, um 16:05

ramare,
das geht mir ehrlich gesagt ein bisschen zu weit..
denn das hieße dann, dass bei jeder nicht-blanken karte gezögert werden sollte ..
das hat dann für meinen geschmack nix mehr mit info weitergeben zu tun (thread thema ist es legitim zu zögern?), als mehr mit dem ausnutzen von grauzonen.. das wäre ja aber nicht mehr das eigentliche spiel...

spielentscheidend kann es doch nur sein, wenn das zögern auch klar verständlich ist und durch das gezöger genau der entscheidende move gekommen wäre... setzt also voraus, dass das direkte legen des alten heißt:dieser war blank!
dem ist ja aber gar nicht so! sondern: egal ob der 4. bu beim AS oder beim partner steht, der partner muss sowieso mitnehmen...dieser punkt ist doch hier maßgebend... da haben wir aneinander vorbei kommuniziert=)
mit anderen worten, bis wohin ich mitgehe: solange es angesichts der optionen sinn macht zu zögern, achten wir darauf, solange aber eh nur 1 karte richtig ist, [nochmal: UNabhängig von der farb/trumpflänge des partners,] , sagt ein evtl zögern nix aus...
das zögern kann mit anderen worten nicht ernst genommen werden, mal abgesehen davon, dass es im bsp. eh fast immer verkehrt sein wird, karo ass zu schmieren - schon allein aus dem grund dass die karos alles potenzielle stehkarten sind - natürlich erstrecht dann wenn der partner noch die goldene (karone) übergabe hat;)

gruß

Aldebaran1, 26. November 2022, um 17:06

Ich sehe das eher wie Vettel. Ein wirklich guter Spieler hat betontes Spiel nicht nötig. Das gehört auch nicht unbedingt zum guten Ton. Das ist genau das gleiche, wenn ich die blanke Karte im Ausspiel derart auf den Tisch dresche, dass ich mir fast die Finger dabei breche. Ein guter Mitspieler erkennt die auch so als blank.
@John: Dein vermeintlicher Spitzenspieler hat ganz einfach Scheiße gespielt. Das ist die Wahrheit und sonst nix.

Aldebaran1, 26. November 2022, um 17:08

Edit: Wer mir das nicht glaubt, kann sich dazu gern mal mit Georg Wüllenweber unterhalten. Der hat zu diesem Thema eine ganz dezidierte Meinung - als jahrelanger Bundesligaspieler.

Ramare, 26. November 2022, um 17:30

Dann sind sich Bundesligaspieler eindeutig nicht einig.

Aldebaran1, 26. November 2022, um 17:36

Mag sein. Wie gesagt, ich kann euch ja nur meine eigene Meinung dazu mitteilen. Ich bin entschieden gegen klar (körperlich) betontes Spiel. Ich möchte normal, sauber und fair gewinnen - und nicht weil einer irgendein Theater am Tisch aufführt. Das ist halt mein eigener Anspruch.

Ex-Stubenhocker #161446, 26. November 2022, um 17:43

Möge jeder für sich selbst sprechen - gut möglich, dass du unabsichtlich etwas anders weitergibst, als es eigentlich gedacht war.Es gibt Zöger-Situationen, der Klassiker ist der hier:
Man hält Herz-ZehnHerz-KönigHerz-DameHerz-Neun, 1. Herz-SiebenHerz-AssHerz-Neun
Dann kommt man ran und Herz-ZehnKreuz-AssHerz-AchtJetzt bedeutet Herz-König mit Zögern, dass der niemals durchlaufen kann.

Ramare, 26. November 2022, um 17:48

Alles gut Aldebaran1,
ich bin auch für faires spielen. Nur gibt es einen Unterschied zw. „kurz überlegen“ und „Theater“ aufführen.
Theater aufführen habe ich auch des Öfteren erlebt. Gerade beim Null. Da hat dann der Aufspieler blitzartig seine Karte auf den Tisch geworfen mit einem zusätzlichen schütteln seiner Hand, (so also wäre die Karte heiß gewesen) und mit einem „wow“ aus seinem Munde. Der Alleinpieler meinte dann, er soll doch gleich seinem Partner sagen, dass diese Karte blank war. Sowas mag ich auch nicht.
Mir wurde allerdings vermittelt,
dass man, hat man eine blanke Karte, diese recht zugig ausspielt. Und hat man keine Blanke, sich ein klein wenig Zeit lassen sollte.

Ramare, 26. November 2022, um 17:51

Ariadne:
sehr schönes Beispiel. Und ein Zögern in solch einem Beispiel finde ich auch legitim und sinnvoll.

Aldebaran1, 26. November 2022, um 17:52

Da hat man aber eventuell auch ein besseres Weiterspiel. Ich verstehe das Motiv, der König kann keinen Stich machen und die Dame könnte zum Stechen verleiten, aber ich halte es für grenzwertig. Man kann sich immer fragen, gibts keine andere Option, meinem Mitspieler den Wink zu geben? Und was will ich selber eigentlich? Kreuz 10 will ich ja nicht sehen, sondern vermutlich einen Farbabsatz.
Hat der Partner z.B. 4 Gegentrumpf im typischen Reißverschluss (4 Trumpf, 3er-Länge, 2er-Länge, blank) wird er, wenn er gut ist, auch so nach der Schmierung seines Vollen den 2er auf Herz-König trennen. Da ist es völlig Bockwurst, ob du irgendwas verzögerst oder nicht.

Aldebaran1, 26. November 2022, um 17:58
zuletzt bearbeitet am 26. November 2022, um 17:59

@Ramare:
Ja klar, die blanke kommt natürlich zügiger. Das hat aber eher auch was damit zu tun, dass man halt ein klares Ausspiel hat. Das muss man nicht groß durchdenken.
Habe ich keine Blanke und dafür zwei 3er-Längen oder so, dann kann man ja wirklich mal kurz drüber nachdenken, welcher Weg sinnvoller ist. Da kommt man automatisch auf die 2 - 3 Sekunden Zeitunterschied. Natürlich nimmt diese Nuance ein Bundesligaspieler wahr - keine Frage.
Ich bin nur dagegen, eine Verzögerung als Stilmittel einzusetzen.
Beim vorliegenden Grand Hand: Wie soll ein solcher Grand i.d.R. geschlagen werden, wenn nicht über 2 Gegenbauern und 5er-Länge auf der anderen Seite. Das Karo-Ass ist IMMER schwach. Egal ob mit Betonung oder nicht.

Ex-Stubenhocker #161446, 26. November 2022, um 18:12

Weil in der Bundesliga auch so viele Grand Hands gespielt werden, bei denen der eine zwei Bauern mit Altem hat und der andere eine Fünferlänge von oben. ^^

Nimmst den Mund ein wenig voll, mein Freund.

SkatHelfer, 26. November 2022, um 18:22

Skat ist ein Spiel vieler Gesten und Emotionen.
Und dieser Faktor wird beim Skat oft unterbewertet.
Man kann sich diese Gesten und Emotionen zu Nutze machen. Bei den Gesten geht es insbesondere um das „Lesen“ seiner Mitspieler. Ein Spieler sendet während eines Spiels sehr viele Signale aus. Man sollte diese nicht ignorieren, sondern aktiv in seine Spieltaktik einbeziehen.
Umgekehrt kann ich bewusst falsche Signale aussenden. Einfaches Beispiel:
Angenommen, ich bin Alleinspieler und in Mittelhand. Vorhand spielt eine Lusche einer Fehlfarbe aus.
Ich habe zu dieser Farbe eine blanke Lusche, die 10 dazu habe ich gedrückt. Wenn ich nun ein wenig zögere, so als ob ich überlegen würde, welche Karte ich nun zugeben soll, dann kann Hinterhand das dahingehend interpretieren, dass ich in dieser Farbe noch weitere Karten auf der Hand habe. Und er begeht dann vielleicht die Todsünde und schnippelt. Mit etwas Glück spielt er sogar gleich das Ass der Farbe hinterher. Dieser Bluff funktioniert sogar relativ häufig. Habe ich hingegen die 10 behalten und vermute ich das Ass dazu bei Hinterhand, dann sollte ich nicht lange zögern sondern die Lusche ganz schnell bedienen. Hinterhand wird dann mit Sicherheit, das Ass zugeben (denn auf den Partner sollte man nicht schnippeln). Solche falschen Signale sind sehr hilfreich und man sollte sie auch dann einsetzen,
wenn die Mitspieler schon einmal darauf hereingefallen sind. Denn man wird dadurch nur sehr schwer berechenbar. Muss ich dann bei einem Zug wirklich einmal überlegen, dann wissen die Gegenspieler nicht,
wie sie dieses Zögern interpretieren sollen.

Aldebaran1, 26. November 2022, um 18:55

Ariadne was laberst du denn wieder für einen Branz? Ich weiß doch gar nicht, wo dieser Grand-Hand stattgefunden hat. Ich denke, ein ungezwungener Grand-Hand wird eher so zu schlagen sein, als über einen Trumpf-Stich mit 15 Augen. Das ist mein Bauchgefühl - gibt sicherlich auch Varianten, wo genau das der Siegweg ist. Bitte richtig lesen, wenn du mit mir reden willst.
Im Übrigen werden in der Bundesliga durchaus auch Grand-Hand-Spiele verloren.
Diese Saison z.B. 3 Alte in Mh, ass 10 Doppellusche, Ass könig, blanke Lusche.
Also ob ich den Mund voll nehme oder nicht, wirst du schon mal mir überlassen müssen.

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