JohnJohn, 01. März 2017, um 11:45
Zur Frage von JohnnyBlue: Was ist an diesem Urteil mutig?
Es ist ja klar, dass Richter sich an Gesetzesvorgaben halten müssen. Hier geht es also um diejenigen, die Strafmaß und Straftat regeln. Zugleich wird aber immer von der Unabhängigkeit der Justiz gesprochen. Sicher gibt es da Überlappungen, ohne die es kaum geht. Nur sollte man nicht die richterliche Unabhängigkeit dann hochhalten, wenn sie ins Konzept der eigenen Argumentation passt. Wenn nämlich ein Richter seinen Spielraum sehr weit ausdehnt - ob zu weit, darüber werden andere Instanzen befinden - interessiert plötzlich die richterliche Unabhängigkeit nicht mehr.
Populistische Tendenzen bei Gerichtsurteilen? Im Namen des Volkes! Wenn das nicht zählt oder wiederum nur dann gilt, wenn die vermutete Volksmeinung mit der eigenen übereinstimmen, dann würde es höchste Zeit, diese Formel abzuschaffen.
Der Richter hatte den Standpunkt (die RECHTSMEINUNG), dass Mordmerkmale gegeben sind. Und ein Großteil des Volkes teilt diese Meinung. Darüber zu befinden, ob dieser Standpunkt FALSCH ist, oder anderer Meinung zu sein, sind zwei grundsätzlich verschiedene Stiefel.
Genauso mutig würde ich übrigens das Urteil finden, wenn die beiden - warum auch immer - zu einer Geldstrafe und/oder einem 4-wöchigen Fahrverbot verurteilt worden wären. Vorausgesetzt, die Begründung wäre in sich schlüssig.
Im Gegensatz zum tatsächlichen Urteil würde ich diese Entscheidung allerdings für idiotisch halten und ganz sicher nicht im Namen des Volkes und schon gar nicht populistisch. Vielleicht dafür aber um so mutiger.
Ex-Stubenhocker #199061, 01. März 2017, um 13:05
Auch wenn ich vom Strafrecht kaum Ahnung habe,ich glaube es wird korrigiert werden,das Urteil.
JohnJohn, 01. März 2017, um 13:22
Lucky, natürlich kann man das so sehen. Aber halt auch anders. Warum ist meine Auslegung also abgefahren?
Wieso eigentlich sollten wir besser als Juristen, bzw. derjenige Richter, der nun einmal zu entscheiden hat, wissen, was "akzeptabel" und was nicht?
Vielleicht, vielleicht deswegen, weil WIR das Volk sind, in dessen Namen das Urteil gesprochen wird? Dann aber passt der Vorwurf Populismus eben nicht. Oder aber es geht eben nicht "Im Namen des Volkes", weil die Menschen verschiedener Meinung sind. Wie auch immer, es läuft immer auf die Meinungsunterschiede hinaus.
Wenn diese Ansicht von mir "abgefahren" ist wie die Auslegung, dann ist sie mir immer noch lieber als eine, deren Vertreter überzeugt ist, die Richtigkeit eines Standpunktes für sich gepachtet zu haben.
JohnJohn, 01. März 2017, um 15:44
Nein, das ist sie nicht. Ganz klar und unmissverständlich. Das wäre sonst nichts anderes als Willkürjustiz.
Aber dafür, dass er Autorennen mit 170 km/h über rote Ampeln und einer dann eintretenden Todesfolge als MORD wertet, wird der urteilende Richter Gründe haben.
Gründe, die weder du noch "das Volk" (bzw. Teile davon), weder der wütende Rechtsanwalt noch ein Juraprofesser oder gar die nächste Instanz teilen müssen.
In meinen Augen jedoch hat er das RECHT, diese Gründe zur Grundlage SEINES URTEILS zu machen.
JohnJohn, 01. März 2017, um 22:46
Zumindest soweit, dass er ein Auto - in diesem Falle unter diesen Umständen - als gemeingefährliches Mittel ansieht.
Und das Motiv? Ein illegales Autorennen zu gewinnen, auch um den Preis eines oder mehrerer Menschenleben, in Vergleich zu anerkannten Mordmotiven zu setzen, ist jederzeit für ihn drin. Meiner Meinung nach.
Ex-Stubenhocker #195270, 02. März 2017, um 21:50
... meiner Meinung nach ist ein Auto ist ein Auto ist ein Auto, tut ab zu mal tuten und Boris Becker war auch schon mal drin.
JohnJohn, 03. März 2017, um 00:04
Ob die Angehörigen des Opfers der Raserei deinen Humor wohl teilen können?
Bernadette, 03. März 2017, um 04:17
Oweia.
Ex-Stubenhocker #183243, 07. März 2017, um 07:27
zuletzt bearbeitet am 07. März 2017, um 07:32
watcher, Du erkennst also Vorsatz? Vorsatz setzt, einfach gesagt, voraus, dass man etwas will. In dem Fall also, dass man mit seinem Auto Menschen töten "will". Wenn man es nur billigend in kauf nimmt, ist es maximal ein bedingter Vorsatz. Ein kleiner aber feiner Unterschied.
Desweiteren behauptest Du, dass die Männer keine psychischen Probleme haben. Woher beziehst Du Deine Erkenntnisse?
Fachleute sind da ganz anderer Ansicht.
Wer sich so verhält hat sicher ein psychisches Problem. Er muss sich auf diese Art beweisen und Anerkennung finden. Dieses an sich normale menschliche Bedürfnis ist aber keinesfalls normal ausgeprägt.
Deinen letzten Satz verstehe ich leider nicht... er ergibt irgendwie gar keinen Sinn.
Spielerin1962, 07. März 2017, um 09:33
Habe den letzten Satz von watcher auch 3 mal lesen müssen, um ihn zu verstehen. Soll wohl so ne Anmache auf die guten Menschen sein. Also Polemik. Macht nix,wenn man das nicht versteht, da es nicht hilfreich ist.
Ich finde watcher hat zumindest darin Recht, dass es eine harte Strafe geben sollte.
Lebenslänglich ist nicht das richtige Mittel und wird wie thunderstorm und auch andere es schreiben, nicht als Begründung stehen bleiben können. Daher ist es von einem Richter nicht ausreichend durchdacht und der Gute bräuchte mal Urlaub oder sonstwas.
Das die zwei Raudis pschische Probleme haben, davon gehe ich aber hammerhart von aus. Benötige ich noch nicht mal ein Gutachten.
Dennoch brauchen die beiden angeklagten Männer strenge Konsequenzen. Da sind wir uns glaube ich, alle einig.
Ex-Stubenhocker #149419, 07. März 2017, um 10:47
zuletzt bearbeitet am 07. März 2017, um 10:49
Im Grunde ist es ganz einfach. Jedes Werkzeug das für eine Tötung benutzt wird, kann im Nachhinein zur Waffe erklärt werden. Wenn also jemand ein Küchenmesser benutzt, dass im Normalfall eben keine Waffe ist, wird dieses Küchenmesser bei einer Tötung zur Waffe. Genauso ist es mit dem Auto. Ob es nun Totschlag oder Mord ist , hängt davon ab, ob eine Tötungsabsicht vorliegt. Das kann hier nicht bewiesen werden.
Jedoch: Wenn jemand mit einer Schusswaffe, auf einem öffentlichen Platz in die Menge schießt, kann ihm Mord angelastet werden, da er den Tod von Menschen billigend in Kauf genommen hat. Das ist keine Tötungsabsicht, kann aber durchaus damit gleich gesetzt werden. Die Frage ist also hier, ob
A.: das Auto als Waffe betrachtet werden kann und
B. : der Tod von Menschen billigend in Kauf genommen wurde.
Ich denke B. ist unstrittig.
Das Auto generell als Waffe zu betrachten, da würde ich John zustimmen, ist jedenfalls sehr mutig. Ich würde es sogar unterstützen dies so zu betrachten.
Aber da gehen die Meinungen wohl auseinander.
Aus diesem Grunde werden wohl auch weiterhin, Leute die betrunken Menschen überfahren, mit großzügiger Milde rechnen können. Denn wer einen Menschen mit ner Schrotflinte einfach mal, ohne Grund über den Haufen ballert, wir wohl nicht mit 2 Jahren auf Bewährung davon kommen, selbst wenn er betrunken war.
Kartenvernichter, 07. März 2017, um 11:35
Ich finde, wenn sich jemand betrunken ans Steuer setzt und er jemanden zu Tode fährt, er, anstatt milder, denn er war nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte, eher noch härter bestraft werden müsste.
Ansonsten kann man sich ja vor jeder Straftat eine Flasche Wodka in den Schädel hauen und hinterher auf milderne Umstände plädieren. Für mich sind das nicht milderne, sondern verschärfende Umstände.
Kartenvernichter, 07. März 2017, um 11:40
Und psychische Probleme spreche ich denen ab. Das sind nur Angeber und Proleten. Die sind durchaus im Besitz ihrer geistigen "Fähigkeiten" gewesen. Denen war es nur egal ob da jemand bei ums Leben kommt.
Ich bitte für meine Meinung um milderne Umstände. Ich hatte eine schwierige Kindheit.
JohnJohn, 07. März 2017, um 11:40
Zunächst mal habe ich die Stelle jetzt nicht gefunden, wo ich mich speziell zum Thema "Auto als Waffe" geäußert habe. Ist aber jetzt nicht so wichtig.
Es geht hier doch - wohl auch juristisch betrachtet - um drei Grundfragen, wenn man über die Angebrachtheit der Härte des Urteils diskutiert.
1. Kann ein Auto eine Waffe sein? Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?
Meine Meinung: Ein Auto kann dann eine Waffe sein und sollte auch juristisch dann als solche betrachtet werden, wenn es nicht zweckgebunden benützt wird, sondern zur Tötung von Menschen eingesetzt wird. Unter zweckgebundener Benützung verstehe ich schlicht und einfach, dass der Sinn der Benützung ist, einen oder mehrere Menschen von einem Ort an einen anderen zu befördern. Ist dieser Sinn gegeben und kommt dabei ein Mensch zu Tode, ist dies keinesfalls Totschlag oder Mord. Insofern ist auch keine großzügige Milde, wenn betrunkene Autofahrer, die einen Menschen töten, nicht mit Rasern verglichen werden, bei denen die Definition (siehe oben) nicht zutrifft.
2. Ist Vorsatz gegeben?
Zugegeben, diese Frage muss im Grunde zunächst scheinbar verneint werden. Höchstens bedingter Vorsatz.
Allerdings stellt sich doch die Frage, ob bei der Aufzählung der Mordmerkmale (keine Ahnung, wann sie in der jetzigen Form in die Rechtsprechung aufgenommen wurden) an Merkmale gedacht werden konnte, die später erst aufgetaucht sind. Klar, das Recht muss gelten, bevor eine Tat begangen wird. Aber es geht hier um Auslegung und die können mutig sein.
Ich will mal einige blöd klingende Beispiele nennen:
Jemand stellt in irgendeinen öffentlich zugänglichen Raum eine Schachtel mit Pralinen, von denen eine vergiftet ist, lässt sie genau eine Stunde dort stehen, weil er ein wahrscheinlichkeitstheoretisches Experiment machen will. Tötungsvorsatz? Mordvorsatz im Tötungsfalle gegeben?
Jemand geht mit einer Flinte in den Wald und nimmt sich vor, das erste Lebewesen, das ihm begegnet, zu töten. Danach Ende der Aktion. Mordvorsatz?
Ich habe hier absichtlich ganz blöde Beispiele gewählt, auf die vorher noch niemand gekommen ist.
Nach einer solchen Tat steht ein Richter vor der Entscheidung: Liegt hier ein Mordmerkmal vor?
Der Vergleich mit der "sinnlosen" Raserei in einer Großstadt drängt sich auf.
Wie auch immer, ich meine, dass niemand das Recht hat, eine Entscheidung, die konträr zu der wäre, welche er selbst anstelle des Richters treffen würde, abzuwerten oder als "populistisch" zu bezeichnen. Ich meine auch, Spielerin, dass der betreffende Richter keineswegs Urlaub braucht, sondern - wegen seines Mutes - auch dann belobigt werden muss, wenn sein Urteil aus formaljuristisch korrekten Gründen von der nächsten Instanz kassiert wird. Absolutes richtiges Recht gibt es nicht und Gerechtigkeit ist bekanntlich ganz was anderes als Recht.
3. Liegt eine psychische Störung bei den Tätern vor?
Vielleicht beim nächsten Mal. Erstmal genügt es wohl, sich mit 1 und 2 auseinanderzsetzen, wenn man Lust hat.
Ex-Stubenhocker #149419, 07. März 2017, um 12:13
zuletzt bearbeitet am 07. März 2017, um 12:14
Also John, den Teil mit der Benützung würde ich Dir so bestätigen. Jedoch möchte ich da wirklich weiter gehen. Denn wenn man bedenkt und weiss welche Folgen es haben kann, betrunken Auto zu fahren, sehe ich es als gegeben an, dass derjenige den Tod von Menschen billigend in Kauf genommen hat. Genauso würde ich die Raser bewerten wollen. Wohlgemerkt in der Stadt. Auf Autobahnen wäre das nochmal anders zu bewerten, denke ich.
Ich stimme völlig mit Dir überein, dass dieses Urteil als populistisch zu bewerten absolut daneben ist. Ich kann allerdings verstehen wie man darauf kommt. Der Unmut in der Bevölkerung hinsichtlich der viel zu milden Bestrafung von "" Mördern"", nur weil sie den Mord mit einem Fahrzeug begangen haben, wächst und wächst.
Jetzt hat ein Richter dem erstmals Rechnung getragen. Schwups ist er ein Populist und braucht Urlaub.
Tja so einfach ist das dann wohl.
Ex-Stubenhocker #149419, 07. März 2017, um 12:52
zuletzt bearbeitet am 07. März 2017, um 12:58
lächerlich hagenstein
Ich empfinde die Entscheidung so und Johnny offensichtlich auch. Er benennt dies als Populismus ich als Gerechtigkeit. Der Richter selbst wird seine eigenen Gründe haben.
Du musst mal verstehen lernen und nicht immer nur vor Wut in die Stuhlkante beissen.
Im übrigen spreche ich Dir die Fähigkeit ab, Polpulismus zu erkennen.
Ex-Stubenhocker #195270, 07. März 2017, um 13:31
zuletzt bearbeitet am 07. März 2017, um 13:35
Dass der Richter Urlaub braucht, ist ja wohl ziemlich neben der Spur. Er hat ganz sicher nicht das Recht gebeugt. Die Juristerei ist keine Naturwissenschaft mit Richtigkeitsgewähr, sondern eine Geisteswissenschaft. Insoweit muss hier der Maßstab sein, ob das Gericht zu einer vertretbaren Gesetzesauslegung gekommen ist. Das würde ich verneinen.
Es stellt sich die Frage, ob ein PKW als "gemeingefährliches Mittel" eingestuft werden kann. Ein PkW selbst ist selbstverständlich nicht gemeingefährlich, auch wenn von ihm Betriebsgefahren ausgehen. Anders kann dies sein, wenn ein PkW bewusst zweckentfremdet wird, das Fahrzeug also quasi zur Waffe entwidmet wird. Dies würde ich bejahen, wenn jemand bewusst und gewollt mit einem Fahrzeug in eine Menschenmenge rast. Dann ist schon nach dem objektiven Erscheinungsbild eine Teilnahme am Straßenverkehr weder gewollt noch gegeben.
Der Raser verhält sich hingegen wie der Drängler auf der Autobahn. Das Rasen und Drängeln ist aber verkehrsbezogen - wenn auch grob rücksichtslos -, denn das Fahrzeug wird anders als beim Täter, der sein Auto bewusst dem Verkehr entzieht, indem er es als "Tötungsmaschine" einsetzt, immer noch als Fortbewegungsmittel im Verkehr eingesetzt. Anders gesagt: Es bleibt ein Auto und wird nicht zur Tötungsmaschine umfunktioniert.
Dass den Tätern ohne nähere Kenntnis der persönlichen Hintergründe ohne Weiteres psychische Probleme attestiert werden, ist geradezu abenteuerlich. Wenn die Spielerin dann sogar noch so weit geht, eine "harte" Bestrafung zu fordern, wird es schon fast grotesk. Psychische Probleme, wenn sie denn vorliegen, sollten therapiert werden, nicht aber zu einer (harten) Bestrafung eines Menschen führen.
Ob die Täter den Tod von Menschen billigend in Kauf genommen haben, ist eine Frage, die sich im Kopf der Täter abspielte. Dies wird von uns niemand sicher beantworten.
Der Richter wird schon seine liebe Not gehabt haben, sich hierzu durch Befragungen der Täter und andere Beweismittel eine Überzeugung zu bilden.
Billigend in Kauf nehmend, liegt nur vor, wenn dem Täter der Tod von Menschen unerwünscht ist, aber er den Tod nicht für ausgeschlossen hält. Das ist dann Eventualvorsatz bzw. dolus eventualis, der für die Bestrafung wegen Totschlags oder Mordes ausreichend ist. Die absichtliche und wissentliche Tötung eines Menschen (direkter Vorsatz bzw. dolus directus) muss nicht vorliegen, um zu einer Bestrafung wegen Totschlags oder Mordes zu kommen.
Kann dem Täter nicht nachgewiesen werden, dass er den Tod eines anderen Menschen für möglich gehalten hat, ist Vorsatz nicht gegeben. Dann kommt nur eine Bestrafung wegen fahrlässiger Tötung in Betracht.
JohnJohn, 07. März 2017, um 13:35
Ich spreche dem Begriff "Populismus" jede Bedeutung ab.
Bezüglich des Autos als Waffe ist natürlich erforderlich, dass ein Auto nur in einem Zustand benützt wird, der die regelgerechte Benützung nicht behindert. Dies ist aber schon von einer ausdrücklich anderen Benützung zu trennen. Eine Vermischung zwischen den Straftaten "Fahren im Rausch" und Benützung eines Autos als Waffe? Da ziehe ich nicht mit.